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No-Buy 2023: Meine Regeln

Es ist 2023, und ich mache wieder ein No-Buy-Jahr. Nachdem ich 2019 schon einmal ein Jahr lang ein No-Buy gemacht habe, scheint es mir wieder an der Zeit zu sein.

Wieso ein No-Buy 2023?

Kurz: Weil ich angefangen habe, wieder impulsiver zu kaufen. In den letzten Jahren sind einige neue Hobbies und Interessen dazugekommen. (Das passiert mir immer mal wieder, kein Grund zur Beunruhigung.) Ich habe Füller gekauft und Tinten und schöne Notizhefte. Ich habe wieder einmal angefangen, Gitarre zu lernen, und dieses Mal bin ich schon fast ein Jahr recht kontinuierlich dabei und sehr stolz darauf! Ich habe angefangen, Musik zu produzieren und zu veröffentlichen. Ich spiele wieder mehr Pen&Paper-Rollenspiele.

Tja, und so ein bisschen habe ich auch wieder angefangen, Träume und Wünsche in mein Kaufverhalten einfließen zu lassen. Auf die für mich ungesunde, unreflektierte Art. Das mag ich nicht, und damit will ich wieder aufhören.

Und ich will mehr über mich lernen. Noch mehr. Ich weiß jetzt, ich kann ein No-Buy-Jahr durchhalten. Aber ich weiß immer noch nicht, wie ich für mich gesund und möglichst nachhaltig konsumieren kann. (Haha, nachhaltiger Konsum, verstehste?) Das möchte ich dieses Jahr lernen.

Meine No-Buy-Regeln

Wie 2019 beginne ich damit, meine Regeln festzuhalten. Und weil ich neue Interessen und neue Hobbies entdeckt habe, muss ich meine Regeln natürlich anpassen:

  • Dieses Jahr geht es mir darum, mir wieder mehr bewusst zu werden, wann ich kaufe und warum, und mehr Kontrolle über meine Impulse zu lernen. Darum gilt auch dieses Jahr:
  • Keine Impulskäufe.
  • Im Speziellen: keine neuen
    • Kleidung & Schuhe
    • Makeup & Pflege
    • Brettspiele oder PC-Spiele
    • Elektronik & Instrumente
    • Füller, Tinten, Notizbücher, Stationery
    • Schmuck, Bastelkram & Accessoires
    • Rollenspiel-Regelbücher & Würfel
  • Sollte ein verbrauchbares Produkte einer Produktkategorie fehlen, weil ich es verbraucht habe oder es schlecht geworden ist, darf ich ein gleichwertiges Produkt nachkaufen.
  • Produktkategorien könnten z.B. sein: Sonnencreme, Mascara oder Tinten. Dem aktuellen Stand nach zu urteilen ist es unwahrscheinlich, dass dieser Fall für etwas anderes als für Augenbrauenstifte und Mascaras eintritt.
  • Wenn etwas kaputt geht, darf ich Geld für Ersatzteile ausgeben. Das könnte mir erfahrungsgemäß bei Füllern oder Instrumententeilen passieren.
  • Die Kategorien Essen, Gesundheit und Hygiene sind vom No-Buy ausgeschlossen.
  • Dinge, die ich zum Malen oder für Kunst unmittelbar brauche, sind erlaubt.
  • Unternehmungen wie Essen gehen, ins Café gehen, Massage, Friseur sind erlaubt.
  • Geschenkgutscheine dürfen unter Einhaltung der anderen Regeln verwendet werden.
  • Geschenke von anderen sind in Ordnung.
  • Geschenke für andere darf ich kaufen
  • Ich muss aufpassen, wenn ich erlaubte Dinge kaufe, nicht in Kompensationsverhalten abzugleiten.

Zusätzlich möchte ich mir vier Mal in diesem Jahr die Möglichkeit geben, eine gezielte Ausgabe zu machen. Je am Ende der Monate März, Juni, September und Dezember möchte ich sehr reflektiert und unimpulsiv bis zu maximal 150 € für Dinge verwenden können, die ich wirklich gerne hätte. Ich möchte mich dabei vor allem selbst beobachten und sehen, wofür ich mein Geld ausgeben will, wenn ich es nur so selten tun darf. Nachdem 2020 mein Budgetplan grandios durch Corona gescheitert ist hoffe ich, so mehr darüber zu lernen, wie ich außerhalb eines No-Buys möglichst nachhaltig (sprich: möglichst wenig) konsumieren kann.

Wenn ich das Geld nicht (komplett) ausgebe, überträgt sich der Restbetrag auf das nächste „Einkaufsfenster“. Nicht, damit ich dann extra viel ausgeben kann, sondern, weil ich mich kenne: Es könnte mir nämlich passieren, dass ich die 150 € einfach auf den Kopf haue, weil es die einzige Gelegeheit in naher Zukunft ist. Das ist nicht sinnvoll. Also: Das Budget von 150 €, das ich nicht ausgebe, darf ich drei Monate später mitbenutzen. Wenn ich will.

Das war’s auch schon. Regeln fertig!

Okay, fast. Ich möchte an dieser Stelle noch eine Ausnahme machen: Mir fehlen für ein Projekt, das ich schon seit 2 Monaten mit mir herumtrage, Glasperlen. Die würde ich gerne noch kaufen, aber vielleicht mache ich das auch einfach Ende März.

Und? Lust, mitzumachen?

Sicherheit im Rollenspiel – und eine deutsche Checkliste für Consent am Spieltisch

ein LKW mit der Aufschrift "Würfel"

CN: Der folgende Text berührt die Themen Consent (Einverständnis), Bruch von nicht-explizitem Consent, missbräuchliches Verhalten am Spieltisch, Erwähnung von fiktiver Vergewaltigung, ausschließendes Verhalten von Gruppen.

Ich habe 2002 angefangen, Pen&Paper-Rollenspiele zu spielen. Das sieht von heute aus betrachtet so aus, als gehörte ich zur alten Garde, aber damals kam ich als Neuling in gewachsene Strukturen. Ich war 22 Jahre alt, und eigentlich alle, mit denen ich spielte, hatten schon jahrelang Erfahrung.

Ich hatte Glück: Meine Rollenspielrunden waren immer freundlich und inklusiv. Niemand stahl anderen das Rampenlicht, niemand war genervt, wenn es beim Würfeln länger dauerte. Und niemand schloss andere aus, weil sie anders waren. Alle hatten ein ähnliches Verständnis davon, welche Art von Rollenspiel wir spielen wollten, und die Spielleitungen waren immer bemüht, dass alle gemeinsam Spaß hatten.

Mich rissen die Möglichkeiten vom Hocker. Ich konnte alles tun, was ich wollte! Sein, wer ich wollte! Identitäten ausprobieren, Facetten meiner Persönlichkeit ausspielen, die ich sonst lieber verbarg. Quatsch machen! Laut sein, leise sein, seltsam sein, mutig sein, stark sein, ängstlich sein, Fehler haben. Und bald liebte ich Pen&Paper-Rollenspiel heiß und innig.

Abuse am Spieltisch

Ich war also total verliebt ins Rollenspiel, und ich wollte am liebsten alle damit anstecken. Über nichts redete ich lieber als über „DSA“, Das Schwarze Auge, das Rollenspielsystem, das ich damals meistens spielte. Wieso spielten nicht mehr Leute Rollenspiele? Bestimmt wussten sie nicht, was sie verpassten! Ich war im Namen des Rollenspiels unterwegs: Haben Sie schon von unserem Herrn und Retter gehört?

Als ich eine Freundin, nennen wir sie Marie, auf Pen&Paper-Rollenspiel ansprach, reagierte sie komisch. Ich verstand das nicht so richtig. Erst nach ein paarmal Nachfragen erzählte sie von ihren Erfahrungen am Spieltisch: Sie war als „die Freundin“ von einem der Spieler in eine bestehende Gruppe gekommen. Anekdotisch hatte ich schon gehört, dass das keine sehr beneidenswerte Rolle war: Manche Männer reagieren ausschließend oder aggressiv, wenn „ihre Räume“ von Personen anderer Geschlechter „infiltriert“ werden. Ich kannte dieses Verhalten natürlich (und leider natürlich) aus anderen Kontexten, aber ich hatte wegen meiner positiven Erfahrungen immer angenommen, dass das in Rollenspielrunden früher vielleicht mal vorgekommen war, aber jetzt doch nicht mehr!

Darauf, wie die Geschichte von Marie weiterging, war ich trotzdem nicht vorbereitet: Ihr Charakter wurde direkt am ersten Spielabend vergewaltigt. Von den Charakteren der Mitspieler. Die Spieler waren sich auch nicht zu widerlich, den fadenscheinigen Rechtfertigungsversuch zu bringen, dass das eben so wäre, wie sich ihre Charaktere verhalten würde, wenn eine Frau versuchen würde, sich der Gruppe anzuschließen. Wie scheiße man sein kann!

Ich war absolut entsetzt und angewidert. Nicht nur, dass die Spieler sich einen ekelhaften und inakzeptablen Grenzübertritt erlaubt hatten und sich auch noch hinter von ihnen erfundenen und gespielten Charakteren versteckten, die Spielleitung ließ das auch noch durchgehen. Und ihr Freund hielt auch schön die Finger still. Muss ich wirklich schreiben, dass Marie nach dieser tollen Erfahrung nie wieder rollenspielen wollte?

Ein sicherer Rahmen

Das Beispiel zeigt, dass wir Respekt und die Achtung von Grenzen brauchen, wenn alle am Spieltisch Spaß haben sollen. Und es zeigt, wohin wir kommen und welchen niederen Impulsen wir Raum geben, wenn wir keinen Respekt vor unseren Mitspielenden haben.

Doch nicht immer sind Regeln so klar wie die, dass neue Mitspielende selbstverständlich einen sicheren Raum und Respekt von einer Runde erwarten dürfen. Manche von uns haben vielleicht Erfahrungen machen müssen, über die sie nicht mit anderen reden möchten oder können. Einige sind Diskriminierungen ausgesetzt, die andere nicht einmal regelmäßig wahrnehmen. Andere kämpfen vielleicht mit spezifischen Phobien oder Posttraumatischen Belastungsstörungen.

Um einen sicheren Raum für alle am Spieltisch zu schaffen, müssen wir Werkzeuge zur offenen Kommunikation schaffen. Sowohl in der Vorbereitung als auch während des Spieles. Sonst laufen wir Gefahr, eine Art „Recht des Stärkeren“ am Spieltisch zu reproduzieren, von dem wir in der echten Welt schon zu viel haben.

Wie kann ich als Spielleitung ein Auge auf die Grenzen der Einzelnen haben, wenn in der fröhlich-oberflächlichen Hack-and-Slay-Runde plötzlich tiefere Gespräche entwickeln und potenziell schwierige oder triggernde Themen ausgespielt werden? Wie kann ich „Stopp“ sagen, wenn es plötzlich unangenehm wird für mich? Wie können wir als Gruppe in solchen Situationen reagieren?

Zum Glück gibt es mittlerweile Werkzeuge, die genau bei diesen Fragen helfen: Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Methoden herauskristallisiert, um den Spaß am Rollenspieltisch für alle Beteiligten zu gewährleisten. Sie lassen sich einteilen in eher präventive Methoden, die in eine Sitzung Null gehören, und reaktive Methoden, die vor dem Spiel oder in Sitzung Null nur eingeführt werden und unmittelbar in schwierigen Situationen eingesetzt werden können.

Mehr Sicherheit am Rollenspieltisch durch Vorbereitung

Reaktive Methoden, wie die X-Card von John Stavropoulos, sind eine gute Möglichkeit, um in schwierigen Situationen einen etablierten und relativ anstrengungsarmen Kommunikationsweg zu haben. Es gibt auch eine deutsche Übersetzung des Werkzeuges. Im Zentrum steht die X-Karte, die von jeder Person genutzt werden kann, um das Spiel zu unterbrechen, problematische Elemente werden aus der Geschichte herauseditiert und es geht weiter. Es gibt die Option, eine Pause zu machen und in kleinem Kreis genauer zu diskutieren, aber dabei wird nicht in Frage gestellt, dass editiert werden soll. Es ist keine Rechtfertigung nötig, aber manchmal bedarf es genaueren Erklärungen.

Die X-Karte verwenden wir in unserer aktuellen Runde seit Beginn. Ich finde es aber zusätzlich wichtig, schwierige Themen noch vor Spielbeginn abzuklären, um möglichst gar nicht in die Situation zu kommen, editieren zu müssen. Bisher habe ich in meiner D&D-Runde nur formlos nach schwierigen Themen gefragt und mich hinterher geärgert, schlampig dokumentiert zu haben. Und nach zwei Jahren sind wir in der Kampagne langsam an einem Punkt angekommen, an dem die Themen ernster werden, und auch die Charaktere öffnen sich ihren Gefährt*innen gegenüber mehr. Darum finde ich es wichtig, möglichst genau Graubereiche und harte Grenzen abzuklären, so dass ich hinterher gut damit arbeiten kann.

Keine der Checklisten für Consent im Rollenspiel, die ich gefunden habe, war mir detailliert genug. Und deutschsprachig waren nur wenige. Schade, dachte ich. Und: das geht doch besser!

Darum findet ihr hier meine Pem&Paper-Rollenspiel-Consent-Checkliste zum freien Download (CC BY-SA 4.0), hier geht’s zur druckbaren PDF-Ansicht:

In der Checkliste gibt es vier Bewertungskategorien, die die Spieler*innen zu jedem Thema ankreuzen können:

  1. Keine Probleme
  2. In Ordnung im Spiel, aber nicht mit meinem Charakter
  3. Okay, wenn offstage oder hinter Schleiern, mehr benötigt Abstimmung
  4. Nein, harte Grenze

Die Liste der potenziell schwierigen Themen umfasst alphabetisch sortiert so ziemlich alle Bereiche, über die ich bei meiner Recherche zum Thema Consent im Rollenspiel gestolpert bin. Trotzdem fehlen sicher noch Themen, dafür gibt es Platz weiter unten, ergänzt gerne.

Und dann: Happy (!) Gaming!

Mastodon-Server: Eine kleine Orientierungshilfe für 2021

Teil 2 der Serie zu Mastodon, dem alternativen sozialen Netzwerk. Hier geht es zu Teil 1.

Yay, Mastodon, dezentrales soziales open-source Netzwerk, werbefreies Zweitzuhause im Web. Es gibt so viel Gutes an dir – und eine sehr verwirrende Sache für Neuankömmlinge: Die Sache mit der Föderation.

Wieso der richtige Mastodon-Server so wichtig ist

Aber warum ist die Wahl des Servers überhaupt wichtig? Wieso soll ich mir den Stress geben, da das ganze Kleingedruckte zu lesen, ich kann doch zur größten Instanz, oder ich such mir nach dem Zufallsprinzip eine aus. Oder nehme eine Instanz mit einem Namen, der cool ist. Sicher, das alles ist möglich. Aber wie schon erwähnt, die Instanzierung ist auch ein Vorteil. Dann nämlich, wenn es um Regeln geht und um ihre Durchsetzung. Du willst keine Spoiler ohne Vorwarnung sehen, willst NSFW-Beiträge als solche gekennzeichnet wissen, Sexismus, Rassismus und generell gruppenbezogener Hass soll verboten sein? Wirf einen Blick in die Regeln der Instanz und prüfe, ob die Regeln sich mit deinen Wünschen decken. Hier findest du zum Beispiel die Regeln von octodon.social, eine der Instanzen, auf denen ich mich zuhause fühle. Ich kenne die Regeln, ich stimme ihnen zu und ich weiß, dass die Moderation funktioniert.

Mastodon ist ein dezentrales Netzwerk. Das heißt, es gibt nicht „den einen Server“, sondern eine Vielzahl an möglichen Servern, die miteinander vernetzt sind. Und um die Sache noch etwas komplizierter zu machen, sind garnicht mal alle Server mit allen anderen Mastodon-Servern vernetzt. Das hat auch gute Gründe: Als nämlich die rechtsextreme Community Gab 2019 beschloss, auf Mastodon umzusteigen, war das Fediverse in heller Aufregung. Die meisten Instanzen und auch etliche Apps blockierten sofort, und auch das Mastodon-Kern-Entwicklerteam bezog klar Stellung, andere warteten kurz ab – und blockierten dann. Nach kurzer Zeit legte sich der aufgewirbelte Staub. Die Isolation ist inzwischen geglückt, Gab ist nicht Teil des Fediverse geworden.

Aber es gibt weiterhin Instanzen, die problematisch sind. Wenn das Moderationsteam zum Beispiel seine Pflichten nicht ausreichend erfüllt, oder wenn in den CoCs vom weit verbreiteten Mindestkonsens von Mastodon abgewichen wird zum Beispiel. Daher ist es wichtig, einen genauen Blick auf den Server zu werfen, auf dem ich ein Konto machen will.

Und ja: die Sache mit der Föderation macht es nochmal ein bisschen schwieriger, den passenden Server zu finden. Die Ansprüche an Regeln, Moderation und Netiquette sind ja durchaus unterschiedlich.

In diesem Artikel gebe ich darum ein paar Empfehlungen für Server, die meiner subjektiven Meinung nach gute Wahlen wären. (Meine letzten Beiträge zum Thema Serverwahl haben nämlich etwas Staub angesetzt.)

Servertreffpunkt Lokale Timeline

Es gibt aber noch einen Vorteil an dieser Instanzsache: die Lokale Timeline. Um das besser zu erklären, muss ich ein bisschen ausholen. Die Sichtbarkeit von Beiträgen wird in Mastodon pro Beitrag bestimmt. Ich kann also einen Beitrag nur an die Leute senden, die meinem Account folgen, und den nächsten für alle User der vernetzten Instanzen lesbar machen. Dabei nimmt der eigene Server einen besonderen Stellenwert ein.

Denn es gibt eine extra Ansicht für Beiträge von lokalen Usern, die sogenannte „Lokale Timeline“. Hier werden alle Beiträge von Usern deines Servers angezeigt. Das macht bei vielen Servern auch Sinn, denn oft behandeln sie ein bestimmtes Thema, widmen sich Brettspielen, Kunst oder auch Regionen oder Städten. So finden sich Leute mit ähnlichen Interessen. Weniger sinnvoll ist das vermutlich auf „generellen“ Instanzen, besonders auf den ganz großen.

Ein Spezialfall ist der Hometown-Fork von Mastodon. Auf Servern wie z.B. friend.camp können Beiträge ausschließlich mit dem lokalen Server geteilt werden.

Umzug: Server wechsle dich!

Jetzt hast du dir schon einen Account gemacht, findest aber einen anderen Server inzwischen passender. Zum Glück ist der Umzug von einem Server auf einen anderen inzwischen viel einfacher geworden. Du kannst deine Followis mitnehmen, deine Beiträge bleiben aber da, wo sie geschrieben wurden. Du kannst sie zwar sichern und für dich ablegen, aber nicht importieren. Das ist technisch aktuell nicht sinnvoll machbar. Auch das Löschen aller alten Beiträge kannst du nicht direkt auf deinem Mastodon-Server, aber es gibt dafür verschiedene Lösungen. Wichtig dabei zu wissen: Wenn ein Beitrag über mehrere Server gewandert ist, muss der Löschvorgang den selben Weg nachwandern, um vollständig zu löschen. Ist das aus irgendwelchen Gründen nicht möglich, können auch gelöschte Beiträge weiterexistieren.

Finde mir einen Server!

Ich möchte mit ein paar deutschsprachige Mastodon-Servern anfangen: chaos.social und social.bau-ha.us sind CCC-nahe Instanzen, die aber auch Nicht-Chaot*innen Unterschlupf bietet. Norden.social und darmstadt.social haben ihren Schwerpunkt regional gelegt.

Die internationalen Server, die meiner Erfahrung nach noch klein genug sind, um Moderationsrichtlinien durchzusetzen, sind unter anderem: octodon.social, mastodon.art, wandering.shop. Und es gibt eine große Menge an kleineren internationalen Servern, zu viele, um sie hier alle aufzulisten. Daher hier eine kleine Auswahl, die mir von anderen Usern auf Mastodon empfohlen wurden oder die mir in der letzten Zeit positiv aufgefallen sind: weirder.earth hat ein 1a-Mod-Team. Und merveilles.town hat einen einzigartigen und coolen Code of Conduct und eine beneidenswert aktive lokale Community. Auf metalhead.club finden Schwermetaller ein nettes neues Zuhause, auf tabletop.social die Brett- und Rollenspielcommunity. Cybre.space ist eine Community für Cyberpunks und solche, die es werden wollen, scholar.social vernetzt Forschende und Lehrende, und social.coop verwaltet und gehört sich selber. Oh, und oulipo.social ist dr Srvr ohn dn 5. Buchstabn ds Alphabts.

Soweit meine Empfehlungen. Wenn du dich jetzt gerne selbst ein wenig umschauen willst, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Auf der Seite joinmastodon.org findest du die Übersicht der Instanzen, die sich Mastodons Minimalkonsens verpflichtet haben. Wenn du lieber ein paar Fragen beantworten willst und dann Vorschläge für passende Instanzen bekommen willst, hat instances.social einen praktischen Wizard, der genau das tut.

Einmal soziales Netzwerk ohne Großkonzern, bitte: Welcome to Mastodon!

Teil 1 der Serie zu Mastodon, dem alternativen sozialen Netzwerk.

Wenn mir 2020 eines klar geworden ist neben all den vielen schrecklichen Dingen, dann ist es dies: Soziale Netzwerke erfüllen in unserer Gesellschaft eine wichtige Funktion. Nicht nur jetzt, sondern schon eine Weile. Mit ihrer Hilfe ist es vergleichsweise einfach, mit Menschen Kontakt zu halten, die uns wichtig sind, oder neue Menschen kennen zu lernen. Wir sind auf Facebook mit unseren Familien und Schulfreund*innen vernetzt, treffen auf Twitter Leute, die ähnliche Interessen haben wir wir. Wir posten, liken, taggen, teilen. Und längst haben wir uns dabei an die Präsenz von Unternehmen in diesen Räumen gewöhnt, und an die immerpräsente Werbung, die oft gut getarnt ist. Denn bei allem „sozialen“ in den Netzwerken ist es ein Fakt, dass wir soziale Plattformen nutzen, die von Konzernen aufgebaut wurden und gemanagt werden.

Das Hauptinteresse von Unternehmen im Kapitalismus ist, Gewinn zu maximieren. Wie wird Gewinn gemacht in sozialen Netzwerken? Durch Werbung, durch bezahlte Postings. Privatpersonen sind kostenlos unterwegs auf Facebook und auf Twitter, auf Instagram und Pinterest.

Die Ware bist du

Ist euch das schon mal aufgefallen? Wir zahlen für Speicherplatz an allen möglichen Orten, aber nicht in sozialen Netzwerken. Strange… Sollte das Speichern von Daten nicht Geld kosten, die Unternehmen kostet es doch auch was? Tja, nein. Denn die Ware, das sind wir. Wir und alle Daten, die wir hinterlassen. Unsere Likes sind bares Geld wert, denn wenn Facebook weiß, dass ich Star-Trek-Fan bin, kann es mir zum Beispiel Werbung für nutzlosen Merchandise wertvolle nostalgische Memorabilia schalten, und ein anderes Unternehmen bezahlt Facebook dafür.

Alles nicht so schlimm? Ich denke doch. Denn Konsum ist ein wichtiger Treiber des Klimawandels, und die gesundheitsgefährdende, umweltzerstörende Produktion von Massenware in Billiglohnländern ist ein Politikum für sich.

Werbung ist per se schon ma schlecht.

Skandale, Randale

Was auch irgendwie schlecht ist, sind die ganzen Skandale: Cambridge Analytica. Botarmeen auf Twitter. Desinformationskampagnen. Schleppende – wenn überhaupt – Moderation bei Harassment. Warum, fragt man sich, passiert sowas? Wieso wird so wenig getan gegen die ganzen kleinen und großen Unglaublichkeiten? Das hat vermutlich mehrere Gründe: Einerseits monetäre, denn Datenweitergabe oder Desinformationskampagnen können sozialen Netzwerken mindestens indirekt Geld einbringen, zum Beispiel durch gesponsorte Beiträge. Aber soziale Netzwerke dürften auch von einer „Aufregungskultur“ profitieren, in der verhärtete Fronten wild aufeinander einbrüllen. Denn was für soziale Netzwerke zählt, ist Engagement. Und mehr Rumgebrülle heißt mehr Aktivität auf der Plattform. Das bedeutet mehr Daten. Und mehr Anzeigen. Und mehr dort verbrachte Zeit.

Das dürfte einer der Hauptgründe sein, warum soziale Netzwerke, die von großen Unternehmen geführt werden, keinerlei Interesse an Moderation haben. Abgesehen davon, dass Moderation an sich Geld kostet – und dadurch den Gewinn noch mehr schmälert. Keine Chance, dass ein marktwirtschaftlich arbeitendes Unternehmen das von sich aus macht.

Aber es gibt noch weitere perfide Dynamiken, die dafür sorgen sollen, dass wir möglichst viel Zeit in den sozialen Netzwerken verbringen: Algorithmen. Zugegeben, „der Algorithmus ist Schuld“ ist ein überstrapaziertes Argument, das gern für alles merkwürdig-böse im Internet verantwortlich gemacht wird. So weit will ich nicht gehen. Die Algorithmen sozialer Netzwerke sind für uns User auf genau eine Sache optimiert: Uns so lange und so nachhaltig wie möglich in den sozialen Netzwerken zu halten. Uns gerade genug von dem zu geben, wonach wir uns sehnen, dass wir weiterscrollen. Und weiterscrollen. An der nächsten Anzeige vorbei. Und weiter. Vielleicht kommt doch noch ein Beitrag von einer Person, die uns wichtig ist? Oder etwas Schreckliches, das ich nicht verpassen darf. Denn der Algorithmus sorgt bei den großen sozialen Netzwerken dafür, dass Beiträge nicht chronologisch angezeigt werden, sondern „nach Interesse“.

Ja nee, is klar. Würden die Netzwerke das wirklich effizient tun, würden sie sich ins eigene Fleisch schneiden. Es geht immer um die Maximierung des Gewinns, also der vom User im Netzwerk verbrachten Zeit. Wie gesagt: Wir sind die Ware. Und je mehr Zeit wir in einem Netzwerk verbringen, desto mehr bringen wir dem Netzwerk ein.

A New Challenger Enters The Ring: Mastodon

Mastodon ist ein soziales Netzwerk, das keinem Unternehmen gehört. Der Code ist Open Source. Und das Netzwerk ist dezentral. Das heißt, es gibt nicht „das eine“ Mastodon, sondern hunderte Server, die miteinander vernetzt sind. Wer will, kann auch einen eigenen Server betreiben.

Mastodon erinnert dabei am ehesten an Twitter: Die Beitragslänge eines „Toots“ ist meist auf 500 Zeichen begrenzt, auch wenn einige Instanzen dabei ausscheren und längere Beiträge ermöglichen. Es lassen sich Toots, Bilder und Links teilen, Personen erwähnen, Ketten aus Beiträgen bilden, Toots anpinnen, Hashtags setzen.

Aber es geht noch mehr: Beiträgen können Content Warnings vorgeschaltet werden, für viele User*innen auf Mastodon eine essenzielle Funktion, die triggerbehaftete Themen leichter filterbar macht. Die Reichweite eines Beitrags kann für jeden Beitrag individuell eingeschränkt werden. Die Indizierung der eigenen Beiträge für Suchmaschinen lässt sich einschränken, Bilder verbergen, Followis manuell freischalten. Und es gibt keine Algorithmen, die Inhalte gewichten: Mastodon ist streng chronologisch.

Das Beste aber ist: Mastodon gehört niemandem. Kein Unternehmen verkauft die Daten, auch wenn es bereits Versuche gab, die öffentlich zugänglichen Daten abzusammeln. Werbung ist auf den meisten Servern verboten oder stark eingeschränkt. Und, für Leute, die von Twitter oder Facebook kommen, mag es verwunderlich sein: Es bringt fast immer was, problematische User zu melden. Insbesondere auf kleineren Instanzen mit festem Moderationsteam werden einzelne problematische User oder ganze Instanzen innerhalb kurzer Zeit geblockt.

Das ist auch der Grund, weshalb ich dazu raten würde, eine überschaubare Instanz mit klaren, starken Regeln als Homebase zu wählen.

Netzwerk, wechsel dich!

Wie also wechseln? Wie soll man loskommen von Facebook, Twitter, Instagram, wo all die lieben Leute sind, mit denen man sich so gern unterhält? Wo man Reichweite hat? Wo man gehört wird?

Ich gebe es zu, es ist nicht einfach. Es ist schwer, und die großen sozialen Netzwerke haben ein besonderes Interesse daran, es uns so schwer zu machen wie möglich. Wie bereits erwähnt, wir sind die Ware. Wenn wir abwandern, schrumpft ihr Gewinn. Das gilt es um jeden Preis zu verhindern.

Bei mir hat ein Abschied auf Raten gut funktioniert. Erst habe ich weniger interagiert. Dann weniger gelesen. Schließlich die App vom Handy geschmissen. Und schließlich meinen Account gelöscht. Erst bei Twitter, demnächst auch auf Facebook.

Politische Entscheidungen mit ungleichen Voraussetzungen

Aber ich weiß, ich befinde mich in einer privilegierten Position. Ich lebe nicht davon, dass meine Beiträge von möglichst vielen gelesen werden, ich brauche nicht das ganz große Publikum, das man derzeit nur auf kommerziellen Plattformen findet. Ich habe das Privileg, die Leute, die mir wichtig sind, auch über andere Wege erreichen zu können, so dass ich nicht auf soziale Netzwerke zurückgreifen muss – mit wenigen Ausnahmen, die weh tun.

Aber bei allen Überlegungen ist es wichtig, zu betonen: Neben einer persönlichen ist es auch eine politische Entscheidung. Ich will nicht länger durch meine bequeme Präsenz dazu beitragen, dass sich die sozialen Netzwerke aus ihrer Verantwortung stehlen. Dass sie ihre Macht missbrauchen, ausbeuten und durch das Anheizen sinnlosen Konsumierens aktiv dazu beitragen, den Planeten zu zerstören. Ich will mich nicht weiter darüber aufregen, dass von mir gemeldeten Hassaccounts weiterhin fröhlich ihren Hass verbreiten können – und durch meine Aufregung dem Unternehmen dabei ebenso viel einbringen wie durch das Posten von niedlichen Katzenfotos.

Ich verstehe, dass diese Entscheidung trotz ihrer politischen Dimension auch eine private ist. Und eine, die Bereiche von systematischer Diskriminierung und systematischer Privilegiertheit berührt, von ungleich verteilten Ressourcen. Und genau deswegen ziehe ich die Reißleine bei den großen sozialen Netzwerken: Denn wer es sich „leisten kann“, sollte sich die unbequemen Gedanken machen.

Und dann die Konsequenzen ziehen.

Kultur: Rette sie, wer kann!

Wenn die Ärzte bei den tagesthemen auftauchen, um über die Probleme des Kultursektors zu reden, dann muss die Kacke ganz schön am Dampfen sein.

Kulturbetrieben und Künstler*innen geht es schlecht. Veranstaltungen fanden dieses Jahr kaum statt, und Herbst und Winter versprechen, die Situation weiter zu verschärfen. Vernissagen, Konzerte, Theater, nix geht, alle bleiben zu Hause.

Und die Kultur geht ein.

Menschen unterstützen, nicht Corporations

Muss das so sein? Nein, natürlich muss es das nicht! Wir alle sind Kultur. Wer nicht selbst Kultur schafft, konsumiert sie doch zumindest, redet über Serien, Musik oder Filme, über coole Events und Sachen, die si*er neu entdeckt hat und einfach mega findet. Kultur ist wichtig. Ohne sie sind wir kaum mehr als stumpfe Tiere.

Aber was tun? Weggehen ist nicht bei den aktuellen Zahlen. Also, wie Kultur unterstützen, so dass idealerweise noch was bei den Künstler*innen ankommt? Denn klar können wir uns jetzt alle bei Spotify, Apple Music und Co. berieseln lassen. Aber hilft das den Künstler*innen denn? Sorgen wir so dafür, dass die Kultur die Krise überlebt, die wir lieben? Bleiben wir der Einfachheit halber bei Musik: Künstler*innen bekommen von einem Stream normalerweise weniger als einen Cent. Nicht gerade großzügig. Und dann ist der Markt auch noch unfair: Große Label pushen die, bei denen der höchste Profit zu erwarten ist, und schöpfen vom Gewinn dann das Maximum ab.

Cool geht anders.

Corona kann eine Chance sein – wenn wir das wollen

Zum Beispiel so: Seit längerer Zeit macht Bandcamp von sich reden als Hafen für unabhängige Künstler*innen und kleine Label. 15% nimmt die Plattform von Verkäufen, übernimmt Hosting und Streaming. Und ich liebe es!

Schon bevor Corona die Welt überrollte, gab es bei Bandcamp hin und wieder den „Bandcamp Friday“. Während dieses Tages verzichtet die Plattform komplett auf ihre Prozente. Perfekte PR, und super für kleine Künstler*innen. Und seit Corona da ist, gibt es den Bandcamp Friday regelmäßig jeden ersten Freitag im Monat. Die Seite IsItBandcampFriday sagt, wann der gesamte Umsatz an die Künstler*innen geht.

Auf Bandcamp zahlt man nicht regelmäßig für ein Abo, sondern für den Besitz von Musik, inklusive Download. Oldschool! Streaming ist trotzdem inklusive, und das macht das Modell richtig bequem und super.

Was ich gerade höre

Genug Aufruf zur Unterstützung. Hier sind meine persönlichen Entdeckungen. Hört rein, und wenn es euch gefällt, kauft euch ein Stück von der Kultur, die ihr in die Zukunft hinüberretten wollt!

Minimales Elektro: roots & engines

Minimal-Elektro aus Hinterzarten. Ein experimentelles Album, das über den Zeitraum von acht Jahren gewachsen ist. Es groovt gruftig!

Smoothes ambient Synth: lastfuture

Ruhiger Minimalismus, wie der melancholische Soundtrack zu einem Space-Exploration-Game.

Experimental progressive Rock: Soleil Macabre

Leckerer Progsound. Lange, atmosphärische Stücke, die sich entwickeln und ausbreiten.

Scheckno aus Heidelberg: Slow Bar

Tiefenentspannte Sounds in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen haben sich auf dieser Compilation zusammengefunden. Zurücklehnen, Ohren aufsperren, chillen.